Ausblick und -bruch

Nach diesen wenigen Schrieben scheint der Kurs gesetzt zu sein. Das Schiff weiß seinen Weg wie von alleine, während der Kapitän auf die See hört. Sie flüstert ihm zu, wohin ihn der Sinn zu treiben hat.

Wohin will der Donner und wohin strebt die Pflicht? Die Antwort ist nicht in jeder Zeit gleich. Doch heute scheint sie klar. Auf Kollisionskurs mit den Maximen der heutigen Kultur.

Den Selbstbetrug entlarven und mit Wahrheit zu züchtigen ist nur eine Seite der Medaille. Ich will nicht nur zerstören, aber heilen, das will ich erst recht nicht. Ich will Anleitung bieten. Nur in wilder See kann man lachen. Die Sucht nach dem Mittelmaß ist nur hohler Genuss. Erfüllung und Bestimmung sind erst im Auge des Sturms zu finden.

Ich biete Anleitung zur Suche nach seinem Selbst.

Kritik ist die eine Seite von Donner und Pflicht. Wenn wir genauer hinsehen, als wir es mit unserem ziemlich trüben Alltagsblick gewohnt sind, fällt uns Einiges auf:

Wir sind stumpf geworden, wenn es um fremdes Leiden geht. Auf der einen Seite wird in der Presse ein Wirbel gemacht, wenn irgendein Promi als Schwein, das er ist, seine Ehe bricht oder sich selbst zerstört. Auf der anderen Seite reagieren wir nur mit einem Achselzucken, wenn wir die Zahl der täglich Verhungernden hören.

Dieser Vergleich ist nun kein neuer Gedanke, sondern übliche Kritik. Wenigstens ist sie mir schon einige Male untergekommen. Ich will nun nicht bei diesem offensichtlichen Stumpfsinn stehen bleiben. Ich will mich fragen: Warum interessiert uns Germany’s next Topmodel mehr als Hungertod?

Mein erstes Urteil ist: Wir haben kein Selbst.

Was meine ich damit?

Wenn du jemanden beschreiben willst, was tust du da? Du zählst vielleicht einige seiner körperlichen Merkmale auf und ergänzt sie durch ein paar Charaktereigenschaften. Dazu kommt ein bisschen Biographie um dem Ganzen noch eine Ursache zugeben.

Wenn ich einer Beschreibung Aufmerksamkeit schenke, dann richte ich meinen Fokus nicht auf solche Belanglosigkeiten. Ich will herausfinden, ob sich dieses Wesen auch Person oder gar Mensch nennen darf. Mich interessiert nicht, welchen peinlichen Versuch mancher unternimmt etwas “Besonderes” zu sein, weil man diesen kulturellen Imperativ mit einem eigenen Wunsch verwechselt.

Ob jemand sich Mensch nennen darf, das interessiert mich. Mich interessiert, ob jemand ein Selbst besitzt.

Das sind nun einige große Begriffe und Vorhaben. Die nächsten Posts werden sich darum drehen die Konzepte zu klären. Sie liegen der Analyse unserer Kultur zu Grunde.

Wie oben angekündigt werde ich aber auch eine Anleitung geben, wie man sich ausklinkt. Wie man sein Selbst erfindet und seine eigene Interpretation davon entwickelt.

Ich werde Ausbruchspläne vorlegen. Ausbruch aus dem Zirkus.

15 Responses to “Ausblick und -bruch”

  1. Kikolu

    Ausbrechen muss man nur dort, wo Mauern sind. Und selbst dann geschieht nichts innerhalb der Mauern, das Leben geht weiter. Wer aber die Mauern zerbombt, der ist der wahre Mensch? Spannend.

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    • donnerundpflicht

      Die Mauern in deiner Metapher sind die Grenzen und Regeln in der Metapher “Zirkus” den ich wähle in “Schäme dich, Weib!”

      Ich gehe aber noch weiter und sage: Nur wer Mauern schleift ist ÜBERHAUPT Mensch. Ansonsten höchstens nur Person. Den Unterschied zwischen Person und Mensch erläutere ich in einem der nächsten Beiträgen.

      Danke für den Kommentar.

  2. Stefan

    Sich beständig an den Mauern des Lebens oder auch Seins reiben und schleifen ist mein Leben, der schwere Weg auch genannt, aber der für mich lebenswertere.

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    • doschi

      “Mich interessiert, ob jemand ein Selbst besitzt” Weiter unten schreibst Du: “Sei Du selbst”. Kann ich denn sein, was ich besitze? Bin ich nicht vielmehr selbst, wenn ich das aufgebe, was ich meine zu besitzen (materiell und nicht-materiell)?

  3. doschi

    Leider kann ich Deinen Kommentar technisch nicht direkt beantworten. Da fehlt der Antwortknopf.

    Eigentlich hab ich das philosophieren irgendwann mal aufgegeben, weil ich irgendwann immer entweder vor dem Nichts oder vor Gott stehe, was sich ja nicht mal ausschließen muss, aber beides ausserhalb meiner rationalen Erkenntnis liegt. Also muss ich drauf warten, daß sich mir eines von beiden oder eben beides mal freiwillig zeigt….;) Naja, ich gebe zu, daß der Mensch an sich immer irgendwie philosophiert…..

    Wenn ich mein Selbst besitze, ist das ein Objekt für mich, daß nicht wieder ich sein kann oder zumindest nur ein Teil davon. Ansonsten wär ich ja zwei. Ich kann zwar meine innere Stimme haben, wie schon große Philosophen bemerkt haben. Aber wenn ich mein Selbst besitze, bin ich schon wieder davon getrennt, weil ihm gegenüberstehe. Ich glaube, und sage absichtlich glaube, daß alles, was ich meine zu besitzen, sei es materiell oder nicht – materiell, mich von meinem ;) Selbst entfernt.

    Eigentlich kann ich nur über mein Selbst staunen, weil es in letzter Konsequenz das einzige ist, was nicht durch mich selbst bedingt sein kann, zumindest ist das für mich nicht vorstellbar, sonst wär ich Gott (als Begriff unabhängig von religiöser Anspielung). Bin ich mein Selbst kann ich auch mit dem unreflektierbaren Teil meines Selbst leben und die vermeintlichen Besitztümer (weitestgehend) aufgeben.

    Das bedeutet natürlich nicht, daß ich mich nicht mit Fragen der Ethik und Moral auseinandersetzen muss bzw. sollte.

    Antworten
    • donnerundpflicht

      Ah, die Trennung von “Selbst haben” und “selbst sein” stößt dir auf. Diese Trennung soll Entwicklungsphasen in der Selbst(er)findung markieren. Erst muss man erstmal begreifen (im wahrsten Sinne des Wortes), welches Selbst das Richtige für einen ist. Wenn es um den Körper geht, dann ist das ein bisschen einleuchtender: Man schaut sich ein Bild an und kontrastiert das mit seinem Spiegelbild. Dann sagt man sich:”Das will ich nicht mehr sein, sondern das.” Man hat ein Selbst als Vorstellung. Man fängt an mit Training und verändert sich und nähert das “selbst sein” dem “Selbst haben” an.

      Darüber hinaus will ich auch sagen können, dass das, wovon Leute sagen “Das bin ich!”, sich nicht einmal dafür qualifiziert so etwas wie ein Selbst zu sein. Vielleicht so als würden die Leute auf einen Tisch deuten und sagen “Das ist eine Person.”

    • doschi

      “Man schaut sich ein Bild an und kontrastiert das mit seinem Spiegelbild. Dann sagt man sich:”Das will ich nicht mehr sein, sondern das.” Man hat ein Selbst als Vorstellung. Man fängt an mit Training und verändert sich und nähert das “selbst sein” dem “Selbst haben” an. “

      Diese Vorgehensweise halte ich für zumindest für sehr bedenklich bei der Bilderflut, die heute auf jeden einwirkt…..

      Um bei dem Körperbeispiel zu bleiben: Es gab in allen Kulturstadien unterschiedliche Körperideale. Ist dann das Selbst, das Du zu gestalten versuchst, abhängig vom kulturellen oder sozialen Umfeld? Ensteht nicht Veränderung erst dadurch, daß ich mich von diesen Bildern frei mache?

    • donnerundpflicht

      Dein Einwand ist solange berechtigt, solange ich keine Möglichkeit aufdecke sich von der Kultur zu befreien. In einem gewissen Sinne werde ich behaupten, dass man sich frei von äußeren Einflüssen machen soll. Das ist erstmal eine uneinhaltbare Forderung. Wir alle haben unsere Biographie, welche uns immer beeinflussen wird. Wir sind niemals unabhängig vom sozialen Umfeld, es sei denn man entzieht sich völlig und wird Eremit.

      Woher die Bausteine vom Selbst kommen, ist von meinem Standpunkt aus egal. Und wenn eine Kultur das “richtige” (gibt es nicht) Körperbild zur Verfügung stellt, dann nimmt man eben das. Es gilt nur zu beurteilen, ob es eben das Richtige ist. Dafür gibt es Kriterien. Grundsätzlich wird meine Position bestreitbar sein, denn ich nehme einen bestimmten Standpunkt ein, der von meinen individuell selbstgewählten Prämissen abhängt. Einige Standpunkte sind aber ausgeschlossen, wenn sie mit Notwendigkeiten kollidieren. Wenn man auf der einen Seite Stärke fordert (fordern muss um moralisch zu bleiben), kann man auf der anderen Seite kein Schönheitsideal aus abgemagerten Modells vertreten.

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