Metaphern als Zugang zur verborgenen Welt

Die Metapher ist ein Zugang zur unsichtbaren Welt, von der wir erleben, dass sie real ist.1 Sie öffnet uns diesen Zugang, indem sie das Unbegreifbare so behandelt, als hätte es eine physische Form.

Zunächst klingt dies äußerst nebulös. Sehen wir uns daher konkrete Beispiele von Problemen an, wie wir etwas ausdrücken und gestalten wollen, dass eigentlich unbegreifbar zu sein scheint.

Es gibt einige Dinge, die als abstraktes Konzept mechanisch und tot sind.

Beispiel: Was ist Gefahr? Wollen wir uns mit einer formalen und abstrakten Definition vorlieb nehmen? Dann ist eine Gefahr ein Umstand oder eine Entität, die möglicherweise einen negativen Effekt haben. Doch haben wir damit Gefahr wirklich hinreichend verstanden? Was ist mit dem mulmigen Gefühl im Bauch, bei dem uns übel wird? Was ist mit dem Gefühl, dass wir vor lauter Anspannung zu vibrieren scheinen, während kalter Schweiß langsam aus unseren Poren sickert?

Reicht diese abstrakte Definition gleichermaßen die Gefahr zu verstehen, die von einer durchgefallenen Abschlussprüfung ausgeht, und der Gefahr, die von einem Abgrund ausgeht, in den wir hineinfallen können?

Gefahr in seiner vollständigen Natur ist etwas Lebendiges, ein Etwas mit einer Beziehung zu uns. Wir sehen Gefahr nicht nur, wir fühlen sie. Während eine abstrakte Definition von Gefahr ein Modell von Gefahr zu bilden, lässt es jedoch diesen lebendigen Teil der Gefahr außen vor.

Haben wir Versagen lauert im Nebel. Jeden Tag sehen wir den Lehrer an und fragen uns, ob das Versagen hervorspringt und uns schnappt. Hat er die Klausur schon korrigiert? Wir fühlen uns wie Kinder vor einem Springteufel. Doch der Springteufel scheint als echter Teufel, der hervorspringt und danach trachtet, uns weh zu tun.

Ein Abgrund ist dagegen eine völlig andere Gefahr. Wir besichtigen vielleicht eine Burg oder stehen auf einem Balkon eines hohen Hauses. Plötzlich überfällt uns der Gedanke, wie es wohl wäre, wenn man einfach springen würde. Was soll das denn? Wir wollen weder sterben, noch haben wir je einen ernsthaften Gedanken als Selbstmord verschwendet. Was ist dieser Gedanke? Wir gehen vorsichtshalber ein Stück zurück, denn der Gedanke macht uns Angst. Eigentlich haben wir keine Sorge, dass wir diesem Impuls nachgeben, aber die die Tatsache, dass wir diesen Impuls haben, verunsichert uns. Es ist, als hätte der Abgrund lange Arme wir Tentakeln, die nach uns greifen und uns herunterziehen wollen. Wir spüren den Sog des Abgrunds, der nach uns ausgreift. Der Abgrund scheint uns ein klein wenig zu lebendig. Lebendige Gefahr macht uns Angst, weil mit unsichtbaren Händen nach uns greift. Nicht die tote Abstraktion von Gefahr.

Wir mögen vielleicht die Existenz dieser unsichtbaren Welt leugnen, doch das Leben in uns und unser Gefühl sagt uns etwas anderes. Und so handeln wir anders.

Durch Metaphern benutzen wir greif- und sichtbare Dinge, um Unbegreifliches und Unsichtbares zu verstehen.1


  1. James Bonnet (2006): Stealing Fire from the Gods, USA: MIchael Wiese Productions. 

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