Bambino und die Frauen

Bei der erneuten Lektüre des Buchs Bambino von William Quindt bin ich auf einen interessanten Text über Frauen und Männer gestoßen (Seite 51). Freda wird vor Bambino von einer älteren, erfahrenen Frau gewarnt.

Zunächst beschreibt sie, wie es normalerweise in der Welt aussieht:

Er nimmt die Frauen nicht ernst, er hat keine Achtung vor ihnen, das ist es. Sieh mal, die anderen Jünglinge, die sind jedesmal [sic] regelrecht von neuem verknallt, wie sich das eben auch gehört, stelzen herum wie die Pfauen, geben schaurig schön an – über die kann man nur lachen, denn schließlich werden sie mehr an der Nase herumgeführt, als sie selbst Unheil anrichten können. Du meine Güte, es gibt doch nirgendwo in der Welt so etwas von herzbrechend süßer Dämlichkeit, wie ein verliebter Mann das ist! –

Sie beschreibt ein Machtverhältnis, was zu Gunsten der Frauen ausfällt. Ich halte dieses Motiv für aktuell. Der Mann, der sich zum Idioten macht, ist ein beliebtes Klischee in den Liebeskomödien. Dieses Motiv wird also immer noch verwendet.

Sie fährt fort mit:

Der Bambino aber, der ist anders. Der kennt die Frauen, kennt sie besser, als sie sich selber kennen, hat keine Achtung vor ihnen und macht sich keine Illusionen – und so was gehört sich nicht! Er glaubt ihnen nichts, verlacht ihr Getue – ach, Kind, ich habe es ein paarmal mit angesehen, die Galle ist mir ins Blut getreten.

Bambino dagegen macht bei diesem Spiel nicht mit. Er kann es nicht, denn er versteht, dass es bloß ein Spiel ist. Es geht um Authentizität. Nur solange man ehrlich dämlich (s.o.) ist, ist man herzbrechend süß.

Ein Mann ist dazu da, daß er von den Frauen dumm gemacht wird, das ist die Weltordnung, und die ist gut. Aber wenn sich da einer mit frechem Lachen hinstellt und beweist der schönsten Frau, daß sie ein dummes Gänschen ist, und bricht sie und nimmt sie und wirft sie weg – Freda, solche Männer sind gefährlich, dagegen müssen wir Frauen geschlossen Front machen, boykottiert müssen diese Männer werden, so was darf nicht einreißen.

Der erste Satz ist der Markanteste. Ein Mann soll der Frau unterlegen sein. Er soll “dumm gemacht” werden.

Quindt beschreibt das Verhältnis von Mann und Frau als ein Machtverhältnis. Weil eine Machtasymmetrie nicht mit einer Beziehung auf gleicher Höhe einhergehen kann, ist so eine Beziehung auf Augenhöhe ausgeschlossen.

Das Besondere an diesem Text ist, dass er so offen mit dieser Asymmetrie umgeht. Es springt uns ins Gesicht, dass eine Beziehung unter Gleichwertigen gar nicht erst gewollt wird.

Interessant daran ist, dass dies ein Mann geschrieben hat, der die Perspektive einer Frau darstellt. Das ist an dieser Stelle natürlich nur eine Unterstellung. Schließlich ist diese Stelle Teil eines Romans ohne jeden empirischen oder theoretischen Beleg.

Wenn man dies allerdings vor dem Hintergrund des Trends um “Pickup” liest, ist es plausibel, dass viele Männer mit eben diesem Minderwertigkeitskomplex durch die Welt gehen.

Es ist kaum bestreitbar, dass Pickup der Versuch ist, ein (anderes) Machtverhältnis herzustellen. Männer fühlen sich in Flirtsituationen nicht kompetent und der Frau oft unterlegen in. Das ist etwas, dass ich selbst oft beobachten kann.

Was kann ich daraus lernen?

Flirten ist Krieg. Sollte es auch so sein?

9 Responses to “Bambino und die Frauen”

  1. berry

    :D Der Beitrag ist ein Beispiel dafür wie man denken soll, wenn man Flirten zu einem Krieg machen will. Wenn du denkst, dass Flirten Krieg ist, wird es auch so sein. Flirten ist etwas Natürliches. Flirten ist eine Art und Weise, das Interesse für den anderen zu zeigen. Wenn man denkt, dass man vom anderen Geschlecht irgendwie bedroht ist und blöd gemacht wird, um irgendwelche Ego-Bedürfnisse zu befriedigen, wirft man die ganze Magie in den Müll. Warum? Jeder ist unsicher beim Flirten. Jeder hat Zweifel. Je mehr man jemanden/etwas will, desto verletzlicher wird man. Wenn man ständig defensiv vorgeht, gibt man die falschen Signale (ich-will-dich-nicht-Signale : sehr antisexy). Flirten lebt aus der Hoffnung, dass auf der anderen Seite ein Interesse steckt. Wenn man sich für das Suchen nach diesem Interesse verschließt und seinerseits nichts unternimmt, artet es eben in einem Krieg aus.

    Dazu noch zu dem anderen Post über Dominanz: Frauen stehen nicht unbedingt auf dominante Männer. Und die Kumpeltypen sind ganz süß. Worauf Frauen aber jedenfalls nicht stehen ist ein kaltes, uninteressiertes Verhalten, das genau diesen defensiven Geschmack hinterlässt. Frauen wollen Männer, die wissen, was sie wollen.

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    • donnerundpflicht

      Ich finde die Kriegsmetapher sehr hilfreich um den Misstand beim Flirten zu beschreiben, den du auch wiedergibst.

      Meiner Erfahrung nach geht es bei den Meisten darum durch das Flirten eine Lücke aufzufüllen, die im eigenen Ego existiert. In diesem Fall trifft alles zu, was du sagst.

      Ich bin allerdings nicht deiner Meinung, dass Ich-will-dich-nicht-Signale sehr antisexy sind. Gerade kaltes, uninteressiertes Verhalten scheint bei Frauen Eindruck zu machen. Überspannt man den Bogen, verliert die Frau natürlich irgendwann die Hoffnung. Umgekehrt gilt das auch. Frauen, die auf den ersten Blick uninteressiert sind, erhöhen so ihren sozialen Status. Das Prinzip “Schwer zu haben” liegt beidem zu Grunde.

      Ich glaube nicht, dass flirten natürlich ist. Ich denke, dass Flirten eine Kulturtechnik ist, die den Anschein erwecken soll natürlich zu sein. Irgendwo fußt dieses Verhalten schon auf einfachen Balzverhalten von Tieren und damit auch Menschen, aber ich denke, dass die moderne Kultur da einiges kaputt macht.

      Ich für meinen Teil flirte nicht. Zumindest sehe ich das nicht als flirten. Vielleicht ist meine Meinung kontrovers, aber als Mann sehe ich in der Frau auch nur einen Menschen. Ich unterhalte mich, interessiere mich für das, was sie sagt, oder langweile mich vielleicht auch. Die Anziehung entsteht dabei einfach als Resultat meiner positiven Bewertung ihrer Person und entsprechend handle ich danach. Dass meine Sympathie sich auch sexuell äußert, liegt einfach an meiner Heterosexualität.

  2. berry

    Missstand könnte vorliegen. So z.B. bei sehr primitiven Kontakten: der Mann will die Nacht jedenfalls nicht alleine verbringen und versucht eine Frau zu überzeugen. Sie hat keinen Bock, erkennt seine Schwäche (seine unkontrollierte Lust) und nutzt sie aus, um sich mal wieder hübsch zu fühlen. Das bespreche ich gar nicht. Ich glaube nicht, dass Männer von dem manipulativen Verhalten der Frauen in solchen Situationen geschützt werden sollen, weil sie eben sehr primitiv vorgehen. Oberflächlich. Und die Oberfläche ist ja nicht besonders verletzlich.

    Flirten ist doch etwas Natürliches. Es entsteht auch wenn du dich einfach nur für die Frau als Mensch interessierst, wenn du ihr zuhörst, wenn du Fragen stellst, wenn du deine Meinung abgibst. Bei der Kommunikation bleibt immer ein besonderer Hauch, ein Zuckergeschmack im Mund, der allmählich süchtig macht. So tickt die Frau-Mann Kommunikation.

    Uninteressiertes, kaltes Verhalten ist nur im ersten Moment attraktiv. Es weckt Interesse, weil es den Eindruck hinterlässt, der kalte, uninteressierte Mann(oder Frau) habe seinen interessanten, heißen Oasis, in dem man gerne bleiben möchte. Solche Menschen wirken ernsthafter und sind tatsächlich nicht selten. Beim Flirten lassen sie aber dennoch erkennen, dass sie Interesse haben. Sonst spricht man nur vom….ähmmm ”jagen” wie du dich gerne ausdrückst.

    Letztendlich glaube ich, dass es falsch ist, solche Vorgänge verstehen zu wollen. Sie entstehen natürlich und führen zu einem schönen Ergebnis, wenn man weniger analysiert und mehr sich selbst ist. Niemand kann dich ausnutzen, ohne dass du es erlaubst.

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    • donnerundpflicht

      Ich glaube nicht, dass ein Mann in einer solchen Situation nicht schützenswert ist. Du schreibst, als wärst du eine Frau. Deswegen werde ich hier explizit: Männer sind extrem verletzlich in einer solchen Situation. Für viele steht der gesamte Selbstwert auf dem Spiel, wenn sie auf eine Frau zugehen. Einige kompensieren das durch Abstumpfen, andere durch Vermeidung von solchen Situationen. Bei allen Strategien verlieren Männer durch ein solch manipulatives Verhalten den Boden unter den Füßen. Es gibt nicht viele Männer, die damit umgehen können.

      Es ist eine Situation, in welcher beide nach einem Vorteil für sich selbst suchen. Beide müssen (für mich erhebliche) Kosten für ihr Verhalten in Kauf nehmen. Aber Männer werden in dieser Situation doch stärker verletzt, als Frauen glauben.

      Wenn flirten in der Form etwas Natürliches ist, flirte ich auch mit Männern. :)

      Das Problem ist das Machtgefälle und ich glaube, dass die Fähigkeit Erlaubnis zu erteilen aber auch zu verweigern, keiner großen Mehrheit gegeben ist. Ich denke, dass viele Menschen sich in so eine machtlose und schwache Position manövriert haben, dass sie sehr leicht auszunutzen sind.

      Im Verstehen liegt für mich übrigens sogar der Reiz. Eine Metapher dafür ist der Musiker, der Musik hört. Genießt er die Musik weniger, weil er die Form und Mathematik hinter der Musik versteht? Als ich mit Musik angefangen haben, hat das meine Wertschätzung für Musik nur erhöht. Auch wenn ich mit echten Musikern (nicht Dilettanten so wie ich), macht ihr Musikverständnis die Musik für sie sogar noch tiefer.

      Eine Lektion, die man auch von den Pickupern lernen kann, ist, dass Verstehen auch Sicherheit erzeugen kann. Wenn man weiß, was die “Regeln” sind, fällt die Unsicherheit durch das Unbekannte schon einmal weg.

  3. berry

    Tatsächlich hört man als Frau ”Ich freue mich, dass ich Mut hatte, dich anzusprechen”. Bestimmt erfordert es eine Überwindung des Ego, ein Flirt anzusetzen. Wie verletzlich der Mann dabei ist, hängt von vielen Faktoren ab-was er genau will, wie ernsthaft er das will, sogar seine Nationalität und kulturelle Gegebenheiten. Meine Erfahrung mit Männern ist diese: je stärker sie sich NUR für meinen Körper interessieren und je deutlicher sie das zeigen, desto schneller verschwindet dieses Interesse und konzentriert sich auf einen anderen weiblichen Körper, wenn ich NEIN sage. Besonders verletzt scheinen sie nicht zu sein: die Wunde heilt bei dem Blick des nächsten Opfer mit geilem Arsch. Habe sogar von manchen gehört ”Wenn es klappt, klappt, wenn nicht, nicht”. Intelligenz spielt auch eine Rolle. Deswegen sehe ich es nicht ein, warum eine Frau besonders auf das Ego vom Mann in solchen Situationen achten soll, wenn man selber zum Objekt einer physischen Befriedigung gemacht wird (oft sehr erniedrigend). Wenn dieser rein körperliche Kontakt beiderseitig erwünscht ist, gilt das oben Gesagte natürlich nicht.

    Ach, das nennt man Bisexual :)

    Reiz beim Verstehen… ich könnte zustimmen, aber nur, wenn du sagst, wie die Regeln lauten. Allerdings bezweifle ich es, dass du es schaffst. Sowas existiert nicht schwarz auf weiß.

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    • donnerundpflicht

      Ich sage nicht, dass man als Frau den Mann seinerseits schützen soll. Beide Beteiligten müssen, wenn man ihnen Verantwortung zuspricht, die Kosten tragen.

      Es funktioniert parallel zum Belästigungsproblem. Wenn eine Frau in enger Kleidung durch die Straße geht, muss sie mit Belästigung rechnen – je nach Gegend sogar mit erheblicher. Das ist meiner Meinung nach etwas grundsätzliches Falsches. Allerdings sind das die Kosten, die eine Frau tragen wird, wenn sie sich eben in einer gewissen Weise anzieht.

      In der Wahrnehmung der Frau spielt die Vorselektion der Probanden eine unvorteilhafte Rolle für uns Männer. Die Flirter sind eben mit einer großen Wahrscheinlichkeit diejenigen, die sich mit Gleichgültigkeit oder weiblicher Entwertung schützen. :)

      Warum ist das Benennen der Regeln die Voraussetzung für deine Zustimmung? Macht keinen Sinn. Es gibt nichtsdestotrotz Einige, die man sich aus ganz profaner Sozialspsychologie zusammensuchen kann.

  4. berry

    Ach, ich glaube nicht, dass es Regeln beim Flirten gibt. Bin aber offen für neue Sichtweisen, deswegen… war es interessant zu lesen, wie ein Flirt aussieht, bei dem Dominanz und Gleichberechtigung genau dosiert sind und wo ein Ego-Kampf nicht stattfindet. : )

    LG alleriM :)

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    • donnerundpflicht

      Naja, so etwas meinte ich auch nicht mit Regeln. Es sind vielmehr Wenn-Dann-Vorschriften. Wie man damit umgeht ist noch einmal eine ganz andere Frage, die ich über aus moralischer Sicht nicht interessant finde.

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